Ein Theater- und Ausstellungsprojekt von FABRIK AZZURRO auf Schloss Wangen-Bellermont in Zusammenarbeit mit der Künstlergruppe Chiusole, Wolfsgruber, Alberti.
Projektansatz
Der Naturforscher Georg Gasser (1857-1931) besaß eine unbändige Sammelleidenschaft. Sammeln war für ihn Movens der Weltaneignung und -schöpfung, nicht antiquarischer Selbstzweck. Und es war Kompensation seines Scheiterns als Künstler, das er zeitlebens nie zu überwinden vermochte.
Er lebte seine Leidenschaft exzessiv und er teilte sie mit der Welt. In kürzester Zeit baute er ein Naturalienkabinett immensen Ausmaßes auf. 1892 eröffnete er das erste naturhistorisch-ethnographische Privatmuseum in Bozen und musste am Ende seines Lebens miterleben, wie seine Sammlung zerfiel. Nach der Machtergreifung der Faschisten wurde er aus dem Stadtmuseum hinausgedrängt und brachte Teile seiner Sammlung nach Schloss Wangen Bellermont am Eingang ins Sarntal. Gasser hatte die Burg 1898, damals eine Halbruine, gekauft und nutzte sie zunächst als Sommersitz, später als Rückzugsort zum Ordnen seiner Sammlung. Doch das Schloss bot in seiner romantischen Abgeschiedenheit auch Gelegenheit, den Weltschmerz des unverstandenen Künstlers zu kultivieren.
Heute ist das Schloss im Besitz von Prof. Leopold Saltuari, der das Schloss restaurieren ließ und sich dafür engagiert, es durch kulturelle und wissenschaftliche Ereignisse neuerlich zu beleben und somit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Projektbeschreibung
Um diese für die Südtiroler Landesgeschichte bedeutsame Persönlichkeit (Gassers Sammlung bildet den Grundstein des Naturmuseums in der Bozener Bindergasse) zu vergegenwärtigen und das aus einer Halbruine wiedererstandene Schloss ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zurückzuführen, soll im Herbst 2012 ein genreübergreifendes Kunstprojekt auf Schloss Bellermont stattfinden.
Damit verfolgt die Projektgruppe FABRIK AZZURRO – nach der Bespielung von Vinschgauer Bunkeranlagen, der Franzensfeste, des Museions u.a.O. – wiederum das innovative Konzept der künstlerischen Auseinandersetzung mit regionalen Orten der Geschichte.
Geplant ist ein theatrales Projekt, welches – ausgehend von biografischen Fakten zu Gasser und dem Schloss Bellermont – das Publikum in eine phantastische Geschichte inmitten phantastischer Szenerie entführt: Ein Panoptikum, welches Elemente von Schauspiel, Musik, Tanz und Maskenspiel mit Dokumentation, Naturwissenschaft und Literatur verknüpft.
In direkter Verbindung steht zudem noch eine Ausstellung der Arbeiten von drei bildenden Künstlern (Peter Chiusole, Linda Wolfsgruber und Gino Alberti) zu den Themen Ethnologie, Naturkunde, Evolution und Endzeittheorie.
Der Arbeitstitel lautet in Anlehnung an das Zitat von Georg Gasser „Begraben, verirrt, versenkt in Bergen von Steinen“: bellermont / UNTER STEIN.
Gedanklicher Inspirationsraum ist der laut Maya-Kalender im Jahr 2012 bevorstehende Weltuntergang. (Gasser war ein überzeugter Verfechter der Theorie von einer bevorstehenden neuen Eiszeit – heute spricht die ganze wissenschaftliche Welt von Klimaerwärmung und Eisschmelze.)
Das vom Autor Heinrich Schwazer entworfene Theaterstück befasst sich mit Endzeitängsten und Zukunftschancen, mit gescheitertem Künstlertum und wissenschaftlichem Genie, mit dem Sammeln als Obsession und als Kompensation. Das Projekt wird speziell für diesen Aufführungsort entwickelt und nimmt direkten Bezug zur Ausstellung.
Dem Publikum (ca. 50 Besucher pro Aufführung) wird mit dem Schloss Wangen-Bellermont ein noch unbekannter Kulturort zugänglich gemacht und (durch den dramaturgischen Aufbau der Theatergeschichte gebunden) ein unterhaltsames Gesamterlebnis geboten, in dessen Zentrum die Ausstrahlung wichtiger Pfade Südtiroler Kultur- und Geistergeschichte auf unsere heutige Lebenswelt steht.
Premiere: 12. Oktober 2012
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